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Team EM 50+

Team EM 50+

Spätestens bei der Eröffnungszeremonie mit Fahneneinzug war klar, dass ich hier an einer ganz besonderen Veranstaltung teilnehmen darf.

Die europäische Senioren Mannschaftsmeisterschaft 2022 in der Gruppe 50+ Das Turnier findet vom 26.10.2022 bis zum 4.11.2022 im Kongresszentrum Dresden statt. Ich habe die große Ehre gemeinsam mit Joachim Wallner, Adolf Denk, Dr. Andreas Druckenthaner und Peter Kranzl im Team Austria spielen zu dürfen.

Ihr könnt wie immer virtuell daran teilnehmen. Die Ergebnisse findet ihr bei chess-results unter diesem LINK.
Die Partien könnte ihr bei chess24 live verfolgen oder nachspielen mit diesem LINK.
Natürlich hab ich viele Fotos für euch gemacht. Ich sollt ja auch sehen, was ihr nicht gesehen habt.
Aber die wirklich guten Fotos werdet ihr hinterher bei Peter Kranzl finden. LINK Bei der Gelegenheit, Vielen Dank an Peter!

Runde 1: In der ersten Runde hatten wir mit dem Team England 3 eine durchaus lösbare Aufgabe vor uns. Laut Papierform sollten wir klar stärker sein. Aber ganz ehrlich, die haben viel besser gespielt, als ihre Elozahlen hätten vermuten lassen. Dennoch konnten wir uns klar mit 3,5 zu 0,5 durchsetzen. Komischerweise war meine Partie wieder mal die längste von allen. Ja, ich weiß schon, ich sollte nicht so viel trödeln, aber was soll ich machen, wenn die sich immer so lange wehren. Egal, einen Sieg habe ich schon und das macht mich glücklich.

Eigentlich war ich vorher auch schon glücklich. Wir wohnen in einem großartigen Hotel, dem Maritim, direkt neben der Kongresshalle und sehr nahe an der Altstadt. Das Wetter ist super und lädt zum Spazieren gehen ein. Die Semperoper, die Frauenkirche, der Zwinger, all das muss man gesehen haben. Einfach wunderbar!
Die Stimmung im Team ist super und ich freue mich auf den Rest der Woche.

Runde 2: Heute spielen wir gegen Irland und als besonderes Highlight erwarten wir den Besuch von Fan-Club Rudi und Ewa, die beiden machen auf dem Weg nach Polen halt in Dresden um uns zu besuchen. Das mit dem Fan-Club-Besuch hat gut funktioniert, der Wettkampf hingegen war kein Highlight. So wie auch in Runde 1 wollten wir hoch gewinnen. Nach einem vielversprechenden Start sah das auch gut aus. Zwei Partien standen klar auf Gewinn, die anderen zwei standen sehr gut. Ich konnte heute als erster einen vollen Punkt ernten. Das freut mich sehr, obwohl die Analyse zeigte, dass ich mit meiner Einschätzung teilweise falsch lag. Andi tat es mir gleich und siegte ebenfalls rasch. Sein Sieg war eine makellose Partie. Leider hat der Rest des Teams irgendwo den Faden verloren und sich ganz furchtbar im Wald verlaufen. So mussten wir am Ende mit einen 2:2 zufrieden sein. Unser Team ist nach zwei Runden noch ungeschlagen! Und so soll es auch bleiben.

Glückwunsch nach Heidelberg. Da wurden auch schon die ersten Punkte gemacht! Und Glückwunsch nach St. Veit! Top-Ten bei einer Staatsmeisterschaft ist super!

Runde 3: In der dritten Runde machte Andreas Pause und Peter spielte seine erste Partie. Der Wettkampf war recht spannend und sah zwischendurch gar nicht so gut aus. Nachdem aber Captain Joe seine schlechte Stellung in der Zeitnot des Gegners mit einer schönen Taktik zum Sieg führte, war die Welt wieder in Ordnung. Wir lenkten die restlichen Partien in den Remishafen und freuten uns über den 2,5 :1,5 Sieg über die starke Mannschaft aus Bielefeld.

Runde 4: Gegen das starke Team der Slowakei hatten wir heute wenig zu melden. Einzig unser Herr Rat konnte rasch ein Remis erreichen. Der Rest der Mannschaft zeigte sich von der gastfreundlichen Seite und überlies die Punkte den Slowaken während Peter wieder mal einen schönen Tag in Dresden genossen hat. Möglicherweise sind ja drei GM und ein FM doch ein stärkeres Team als vier FM und ein Fotograf.
Morgen haben wir volles Programm, vormittags werden wir am Blitzturnier teilnehmen, nachmittags werden wir Runde 5 spielen. Aber jetzt geht es erst mal zum Abendessen.

Runde 5: Heute sollte es mal etwas leichter werden. Das Team "Polnische Amateure" hat eher niedere Elozahlen und nennt sich selber schon "Amateure" das klingt recht gemütlich. Falsch gedacht! Da war gar nichts Gemütliches. Die Polen spielten unglaublich gutes Schach. Ich habe in der Eröffnung eine bequeme Stellung erreicht, doch ich war unachtsam, ich habe schnell gezogen ohne zu sehen, dass mich diese Veränderung der Bauernstruktur in eine strategische Ruine führen wird. Also umschalten in Überlebensmodus und hoffen, dass die anderen das Match gewinnen. Die anderen, das waren heute Joe, Adi und Peter. Andreas, oder wie wir ihn liebevoll nennen, unser Herr Rat, braucht nach den Anstrengungen des Blitzturnieres einen Pause. Peter spielte direkt neben mir. Die Stellung wirkte unbequem, aber ausgeglichen. Adi beendete soeben seinen Partie an Brett 2. Erst dachte ich, super Adi hat schnell gewonnen, aber nein, heute war es unser großer Vorkämpfer, der als erster ins Remis einwilligte. Also hoffen auf Joe. Doch auch hier ein Remis. Verdammt sind die Polen gut. Peter steht immer noch gleich und mein Gegner bot erstmals Remis, nachdem er mit ein paar Ungenauigkeiten seinen Vorteil verloren hat. Remis gibt es natürlich nicht. Wir spielen weiter. Neben mir willigt Peter ins Remis ein und so bekomme ich die Chance zum Star der Runde zu werden. Nach ca. 5 Stunden und 88 Zügen streckte mein Gegner die Waffen. War ja doch eine gemütliche Runde. Wir haben die Polen mit 2,5 zu 1,5 besiegt und dürfen morgen gegen die 4 englischen Großmeister spielen. Das wird bestimmt ein tolles Erlebnis.

Runde 6: Wir spielen heute wieder in der gewohnten Aufstellung Joe Wallner, Adi Denk, Andi Druckenthaner und Didi Hiermann. Uns gegenüber nehmen die Großmeister Mark Hebden, Keith Arkell, John Emms und Glenn Flear platz. Peter Kranzl unterstützt uns moralisch und hält das Geschehen auf seinen tollen Fotos fest. Natürlich sind wir hoch motiviert und wollen zeigen, dass wir auch gegen ein Team aus Großmeistern bestehen können. Aber leider konnten wir das heute nicht. Die Engländer spielten sehr stark und nahmen uns Zug um Zug die Punkte weg. Lediglich GM Flear war bereit uns ein Remis zu überlassen. Doch auch das bekamen wir nicht kampflos. Erst nach 87 Zügen sah der englische Großmeister ein, dass er die schwarze Stellung nicht einnehmen kann und bot ein Remis. In der anschließenden Analyse zeigte sich der sympathische Engländer durchaus angetan von der mutigen Spielweise mit der es uns gelang eine zu Null Niederlage abzuwenden. Nach dem Wettkampf ging es dann zum gemeinsamen Abendessen in die Altstadt von Dresden. Unsere Moral und unsere Kampfeslust sind ungebrochen. Morgen werden wir gewinnen!

Runde 7: Der Name des gegnerischen Teams hat etwas mystisches. Die 5 aus dem Elbland, da denke ich erst mal an Mittelerde und an Legolas. Aber was sind schon ein paar Unsterbliche gegen die Schachlegenden aus Österreich. Heute waren wir die Favoriten und ich konnte dies mit einem raschen Sieg auch noch mal unterstreichen. Adi hat das offensichtlich gefallen, denn er tat es mir gleich. Joe und Andi hingegen wollten ihre Partien genießen. Mit dem beruhigendem Wissen um unsere 2:0 Führung erfreuten sie sich an ihrem feinen Positionsspiel, welches ihnen langsam aber beständig immer mehr Vorteile brachte. Joe erhöhte unser Ergebnis auf ein 3:0 während unser Herr Rat seinen Gegner begnadigte und so das Ergebnis 3,5 : 0,5 als endgültiges Urteil über die 5 aus dem Elbland festschrieb.

Runde 8: Heute erwartet uns mit Berlin 1 die stärkste deutsche Mannschaft. Mit GM Robert Rabiega und den IMs Lars Thiede, Marco Thinius und Alexander Lagunow erreichen die Berliner einen Eloschnitt von 2400. Eine schwierige Aufgabe, der wir uns ohne Captain Joe stellen müssen. Joe muss heute zum Service in die Sauna. Aber das kann unseren Kampfgeist nicht schmälern, denn wir haben mit unserem unbesiegbaren Foto-Kranzl immer noch ein Ass im Ärmel. Also treten wir in der Aufstellung Adi Denk, Andi Druckenthaner, Peter Kranzl und Didi Hiermann gegen Berlin an.
Peter spielte mit Weiß, er wählte eine Nebenvariante seiner Lieblingseröffnung um der Vorbereitung seines Gegners zu entgehen. Der Plan ging auf. Peter stand stets etwas besser. Sein Gegner hatte keine andere Wahl, als das von Peter gebotene Remis zu nehmen. Ich musste mich mit Schwarz verteidigen. Dies gelang mir nicht sonderlich gut. Nachdem ich, in bereits schlechterer Stellung, zu allem Überfluss auch noch einen Bauern einstellte, schwand meine Hoffnung. Aber in aufkeimender Zeitnot fand mein Gegner nicht den richtigen Weg und bot mir Remis. Freundlich lächelnd nahm ich sein Angebot an.
Andreas musste sich ebenfalls mit Schwarz verteidigen. Seine Verteidigungsleistung war hervorragend. Trotz zwischenzeitlich horrender Bewertung durch die Engine konnte unser Herr Rat alle Gewinnversuche des Gegners zunichtemachen und diesen im Endspiel sogar in die Defensive drängen. Jedoch auch er kam über eine Punkteteilung nicht hinaus.
So lag es denn an Adi Denk den Wettkampf zu entscheiden. Adi konnte mit Weiß großen Vorteil gegen GM Rabiega erreichen. In einer spannenden und abwechslungsreichen Partie zog Adi alle Register und bot dem staunenden Publikum hochklassiges Schach. Leider verpasste Adi es, im entscheidenden Moment den verdienten Punkt einzusammeln und so passierte das Undenkbare, Adi musste sich dem Berliner Großmeister geschlagen geben und wir haben den Wettkampf mit 2,5 : 1,5 verloren. Eine bittere Niederlage, für die wir uns morgen revanchieren werden!

Runde 9: Mit dem Team der TSG Markkleeberg bekommen wir in der Schlussrunde noch mal einen vermeintlich leichten Gegner. Wie schon mehrfach in dem Turnier, planten wir heute einen 4:0 Sieg. Besonders Andi drängte auf einen hohen Sieg. Andi ist gleich viel mutiger, wenn er nicht spielen muss! Heute spielten Joe, Adi, Peter und ich. Die Partien waren wohl keine Meisterwerke. Man konnte uns allen schon die Erschöpfung anmerken und so begnügten wir uns mit einem knappen Sieg. Die Bretter 1 bis 3 remisierten und auf Brett 4 holten wir einen vollen Punkt.

Damit ist das Turnier beendet und wir dürfen uns über Rang 7 freuen. Für mich, als Team-Neuling war es es tolles Erlebnis einmal an einer Team-Europameisterschaft teilnehmen zu dürfen. Besonders freue ich mich natürlich über die überraschende Goldmedaille. Bei diesem Turnier gibt es auch Brettpreise. Diese wurden nach Eloleistung vergeben. Ich spielte alle Partien auf Brett 4, war aber formell als Ersatzspieler gemeldet. Für meine 6,5 Punkte aus 9 Runden bekam ich, mit einer Eloleistung von 2222 Punkten, den Brettpreis für den erfolgreichsten Ersatzspieler. Ich bedanke mich bei meinen Team-Kollegen für die nette Aufnahme im Team Austria und bei meinen Gegnern für die bereitwillige Überlassung der vielen Punkte!

Heute Nachmittag gibt es noch die Siegerehrung und anschließend das letzte gemeinsame Abendessen bei diesem Turnier. Morgen werden wir die Heimreise antreten und allen erzählen wie  toll wir doch sind!

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